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Universelle Schönheit

Luca Nichetto ist einer der gefragtesten Designer weltweit. Der Venezianer mit Wohnsitz in Stockholm steht wie kaum ein anderer für eine moderne Wohnlichkeit. Nun hat er für Rolf Benz das Sofasystem "Liv" entworfen. Wir haben ihn zum Interview in seinem Studio getroffen.

Fabian Peters: Auf der imm cologne 2020 feiert "Liv" Premiere, ein neues Sofa, das Du für Rolf Benz entworfen hast. Dieser Name hat eine ganz besondere Bedeutung für Dich, oder?

Luca Nichetto: Absolut! "Liv" ist nämlich der Name meiner Tochter. Außerdem bedeutet "Liv" auf schwedisch "Leben". Das erschien uns sehr passend, weil unser Sofa dazu einladen soll, wirklich mit ihm zu leben.

Letztes Jahr hat Rolf Benz mit "Addit" von Werner Aisslinger bereits ein hoch zeitgemäßes Sofasystem vorgestellt. Was wünschte sich das Unternehmen für "Liv"?

"Liv" soll ganz unterschiedlichen Nutzergewohnheiten gerecht werden. Rolf Benz wünschte sich ein Sofasystem, das überall auf der Welt und in beinahe jeder Umgebung funktioniert. In Skandinavien sind die Sofas zum Beispiel traditionell relativ hoch, während man es in Italien eher niedrig und loungig mag. Beides sollte mit "Liv" darstellbar sein.

Gab es so etwas wie eine Ausgangsüberlegung, mit der Ihr an diese anspruchsvolle Aufgabe herangegengen seid?

Ganz entscheidend war für uns beim Entwurf, dass die Stärken von Rolf Benz voll zum Tragen kommen. Wir wollten ein modulares System entwickeln, dass deutsche Ingenieurskunst mit einem Touch italienischem Design verbindet. Neben der unglaublichen handwerklichen Qualität hat uns vor allen Dingen die Fähigkeit von Rolf Benz fasziniert, seinen Kunden praktisch jede denkbare Konfiguration eines Möbels anbieten zu können. So etwas kennt man vielleicht aus der Autoindustrie – bei einem Polstermöbelproduzenten hatte ich das dagegen zuvor noch nie erlebt. Ich vermute, es ist weltweit einmalig.

"Liv" ist praktisch in jeder Größe konfigurierbar. Kann es da trotzdem so etwas wie eine einheitliche ästhetische Wirkung geben, die das Sofa in allen Ausführungen erzielt?

"Liv" soll vor allen Dingen Leichtigkeit vermitteln. Das Sofa soll fast schwebend wirken, nichts soll schwer und massig sein. Mir ging es bei der Gestaltung weniger um die Ästhetik, als darum, ein Gefühl zu vermitteln. "Liv" soll genau den Komfort ausstrahlen, den man beim Sitzen verspürt. Und zwar als Sitzlandschaft im 200 Quadratmeter großen Wohnzimmer einer Villa in Miami wie als Zweisitzer in einem luxuriösen Mikroapartment in Hong Kong.

Ein Sofa zu entwickeln, dass auf allen Kontinenten zu Hause und in fast unbegrenzten Kombinationen lieferbar ist – das erscheint beinahe als eine "Mission Impossible"?

Ja, das ist ein wenig eine "Mission Impossible"! (lacht) Aber als Designer habe ich immer den Ehrgeiz, etwas zu schaffen, was jedem Menschen überall auf der Welt gefällt. Und ich denke, das ist ein guter Ehrgeiz. Denn er treibt mich an, die größtmögliche Anstrengung zu unternehmen, um mein Ziel zu erreichen. Ich glaube, ein Designer braucht diesen Glauben an sich selbst – den Glauben, für jeden Menschen Schönheit schaffen zu können. Letztendlich ist das Wesentliche meiner Designs – egal, in wie vielen Varianten sie lieferbar sind – dass sie meine Persönlichkeit, meine Erfahrungen und meinen Überzeugungen widerspiegeln.

Welche Bedeutung hat die technische und handwerkliche Expertise von Rolf Benz für Euren Entwurf?

Dieses Können ist einer der Schlüssel für unsere Designs. Bestimmte Details, etwa die Füße und den Rahmen aus Metall, konnten wir überhaupt nur deswegen so gestalten, weil wir wussten, dass bei Rolf Benz die Kompetenz vorhanden ist, solche Teile in höchster Präzision zu fertigen. An diesen Elementen zeigt sich für mich auch das typisch deutsche Qualitätsbewusstsein, das an "Liv" genauso ablesbar sein sollte, wie die italienische Handschrift des Designers.

Welche Rolle spielen Farben und Materialität für Dich?

Die Wahl der Farben und Materialien sind in meinem Entwurfsprozess zentral. Für mich ist es undenkbar, ein Design zu entwickeln, ohne zuvor diese beiden Punkte festgelegt zu haben. Farben und Materialien sind für mich niemals beliebig austauschbar.

Deine Designs zeichnen sich durchgängig durch ein bemerkenswertes Gespür für Farbnuancen aus. Wie hast Du die Farbwelt für "Liv" entwickelt?

Meiner Meinung nach ist die Natur ist immer der beste Designer. Ein enger Freund, der Fotograf Massimo Gardone, macht wunderbare Aufnahmen von Blumen. Vor Jahren haben wir in Zusammenarbeit mit dem skandinavischen Farbinstitut aus seinen Naturaufnahmen eine Farbpalette entwickelt, auf deren Grundlage wir seitdem unsere Entwürfe entwickeln. Für "Liv" ging es uns darum, dass die Farbwelt Wärme vermittelt. Dunkelrot und Ockertöne spielen deshalb eine Hauptrolle.

Du hast ergänzend zu dem Sofa auch noch weitere Möbel entworfen.

Gemeinsam mit den Polsterelementen haben wir zwei Tische gestaltet, die die Formensprache und Materialität des Sofas exakt aufgreifen. Unser Couchtisch ruht auf einem Gestell, das von der Unterkonstruktion des Sofas abgeleitet ist. Ein kleiner Beistelltisch, der ebenfalls einen Rahmen aus Metall besitzt, bringt dagegen eine etwas spielerische Note in die Kollektion. Ich versuche immer, ein großes Möbel, wie hier das Sofa, mit kleineren Entwürfen zu bereichern, die der Designidee einen anderen Spin geben.

Und das Sofa selbst kann um Anbauelemente ergänzt werden.

Richtig! Man kann "Liv" um Regale mit Ablageflächen erweitern. Sie können an die Stelle der Seiten- oder Rückelehne treten. Die Regale beziehen ihren optischen Reiz von den Einlegeplatten aus Naturstein oder Glas – dieselben Materialien, die wir auch für die Platten der Tische verwenden. Durch diese Anbauelemente hat man seine Bücher, sein iPad oder auch den Schnuller für sein Kind sofort zur Hand. Unsere Idee war es tatsächlich, mit "Liv" ein Sofasystem zu schaffen, das sich auf beinahe jede Situation des Lebens zuschneiden lässt.

Autor: Fabian Peters, Stylepark
Bildergalerie 1: James Stokes, Stylepark
Bildergalerie 2,3,5: Sandro Jödicke, Whitedesk 
Motiv 1, Bildergalerie 4: Alexander Huber