STUMMER DIENER, STARKES DESIGN
Manche Dinge sind schön. Manche Dinge sind praktisch. Und manche Dinge sind beides: schön und ganz schön praktisch. Der stumme Diener Rolf Benz 908 zählt klar zur letztgenannten Kategorie. Er dient wahlweise als Ankleide-, Garderoben-, Tuch- oder Taschenassistent, wirkt in jeder ihm anvertrauten Rolle ausnehmend elegant und könnte ohne weiteres auch als skulpturales Kunstwerk reüssieren. Das adrette Multitalent basiert auf einem Entwurf des Kölner Designstudios kaschkasch, das 2011 von Florian Kallus und Sebastian Schneider gegründet wurde. Wir sprachen mit den beiden ausgebildeten Tischlern und studierten Produktdesignern über ihre Arbeit, ihre Liebe zum Handwerk und die Zukunft des Wohnens.
Hallo Florian, hallo Sebastian. Erzählt uns doch mal, wie es zur Kooperation mit Rolf Benz kam und was die Zusammenarbeit auszeichnet?
Florian Kallus: Wir stehen seit mehreren Jahren in Kontakt mit Rolf Benz und tauschen uns regelmäßig über unsere Arbeiten und neue Ideen aus. Firmen wie Rolf Benz – mit hauseigener Produktion – sind für uns als Designer immer ein großer Segen. Es ist einfach toll, die handwerkliche Arbeit am Standort Deutschland mitzuerleben und zu begleiten. Die Zusammenarbeit mit Rolf Benz macht uns unglaublich viel Spaß. Die Prototypen-Meetings sind immer äußerst produktiv und noch dazu sehr freundschaftlich. Die besprochenen Details können im Anschluss direkt ausprobiert werden. Das ist ein großer Vorteil. Als wir unseren Entwurf für den stummen Diener Rolf Benz 908 präsentierten, war man bei Rolf Benz auf Anhieb begeistert – und es konnte mehr oder weniger direkt losgehen.
Sebastian Schneider: Wir sind immer bestrebt Partner zu finden, die mit uns auf einer Wellenlänge sind. Partner, die unser Verständnis für gute Gestaltung teilen und wie wir den Anspruch haben, immer das beste Ergebnis aus dem jeweiligen Entwurf herauszukitzeln. Bei Rolf Benz hatten wir von der ersten Minute an das Gefühl: Ja, das passt! Die hohe Qualität und Professionalität haben uns sofort überzeugt.
Woher nehmt ihr die Inspiration für eure Arbeit?
Florian Kallus: Für mich persönlich kann alles Mögliche als Inspirationsquelle dienen. Ein gutes Gespräch, ein plötzlicher Gedanke, spannende Architektur, ein Detail im Straßenbau oder die Arbeit eines Künstlers. Für den stummen Diener hat uns Pablo Picasso mit seinen One Line Drawings inspiriert. Eine sehr starke Serie. Seit ich die Zeichnungen das erste Mal gesehen habe, gehen sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Grundsätzlich ist die freie Kunst für mich ein sehr ergiebiges Feld. Sie unterscheidet sich zwar meist deutlich vom Design, aber es gibt doch auch gewisse Parallelen.
Sebastian Schneider: Das ist bei mir im Grunde ganz ähnlich. Manchmal finde ich Inspiration in ganz normalen Alltagsdingen. Wenn ich zum Beispiel den Mülleimer in der Fußgängerzone genau inspiziere und alle um mich herum denken: Was macht der Typ da? Manchmal inspiriert mich Florian. Wenn er mir beispielsweise eine Skizze von einem Spiegel zeigt und ich spontan eine Leuchte darin sehe. Und manchmal entsteht Inspiration auch im ganz konkreten Arbeitsprozess. Wenn ein Projekt auf einmal eine ganz andere Richtung nimmt als gedacht. Aber gestalterische Arbeit ist ja doch noch viel mehr als Inspiration. Es ist letztlich ein Handwerk. Man muss sich – so ist es zumindest bei uns – Stück für Stück seinem Ziel annähern. Inspiration allein reicht da nicht. Man hat nicht einfach eine gute Idee und der Rest läuft von allein. Ganz so einfach ist es nicht.
Florian Kallus, Design Studio Kaschkasch„Für den stummen Diener hat uns Pablo Picasso mit seinen One Line Drawings inspiriert. Eine sehr starke Serie. Seit ich die Zeichnungen das erste Mal gesehen habe, gehen sie mir nicht mehr aus dem Kopf. “
Stichwort Vielseitigkeit: Sowohl das neue Möbelprogramm Rolf Benz 931 (Couchtisch, Regal, Servierwagen) als auch der stumme Diener Rolf Benz 908 sind äußerst vielseitig und können auf unterschiedlichste Art eingesetzt werden. Muss ein Objekt bei euch immer mehrere Funktionen erfüllen?
Sebastian Schneider: Nein, manchmal schadet das einem Entwurf sogar. Aber grundsätzlich spielen Funktion und Benutzerfreundlichkeit in unseren Entwürfen eine zentrale Rolle, über die wir im Team oft diskutieren. Ich mag Multifunktionalität. Aber nur, wenn sie subtil daherkommt und einen legeren Charakter aufweist.
Florian Kallus: Ich denke, ein Stuhl ist ja auch nicht nur ein Stuhl. Je nachdem wie man ihn benutzt, kann er auch gerne mal als stummer Diener, Nachttisch oder Türstopper herhalten. Multifunktionalität empfinde ich bei Möbeln deshalb als durchaus erstrebenswert.
In welcher Wohnumgebung würdet ihr Rolf Benz 908 bzw. Rolf Benz 931 platzieren? Sind die Möbel einem bestimmten Wohnstil zugeordnet?
Florian Kallus: Der stumme Diener funktioniert meiner Meinung nach in nahezu jedem Wohnumfeld. Ganz egal, ob es ein begehbarer Kleiderschrank, ein Schlafzimmer oder ein Wohnzimmer ist – den Einsatzmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt.
Sebastian Schneider: Die Grenzen zwischen den verschiedenen Wohnräumen lösen sich ja ohnehin mehr und mehr auf. Esszimmer, Wohnzimmer und Küche sind heute oft ein und derselbe Raum. Auch verschiede Wohnstile werden immer stärker kombiniert. Und in Zeiten von Homeoffice nimmt neuerdings ja sogar der Bürostuhl am Esstisch Platz. Speziell die Möbel der Serie Rolf Benz 931 sind dank der Rollen sehr flexibel und können mühelos von A nach B bewegt werden. Ich sehe sie nicht an einem speziellen Ort oder in einer spezifischen Umgebung. Die Möbel sollten so eingesetzt werden, wie es der Besitzer für richtig hält und gut findet.
Quarantäne, Kontaktbeschränkungen, Homeoffice – in den letzten Monaten haben viele Menschen deutlich mehr Zeit daheim verbracht. Inwiefern verändert diese Entwicklung das Zuhause? Wie sieht die Zukunft des Wohnens aus?
Florian Kallus: Das ist eine Frage die natürlich auch uns umtreibt – auch schon vor der Pandemie. Ich persönlich denke, dass Räume künftig noch vielseitiger genutzt werden. Aber auch wenn ich selbst gut auf der Couch über Entwürfe nachdenken kann, empfinde ich klar definierte Räume – wie etwa unser Atelier – als sehr fokussierend. Darauf möchte ich auf keinen Fall verzichten. Die Wahrheit liegt wie so oft wohl irgendwo dazwischen. Fest steht: Wohnen wird flexibler. Und bleibt auf jeden Fall spannend.
Bilder: Thomas Wiuf Schwartz